23.03.2020Auswirkungen der Corona-Virus-Krise für Gewerbliche Immobilienfinanzierungen
Von den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise bleiben gewerbliche Immobilienfinanzierungen nicht verschont. Je nach Art und Dauer der Finanzierung können sich unterschiedliche Auswirkungen ergeben:
Bereits bei einer auf Akquisition einer unbebauten Immobilie gerichteten Finanzierung kann sich die Frage einer wesentlichen nachteiligen Veränderung („Material Adverse Change [MAC]“ oder „Material Adverse Effect“) stellen. Dass die in solchen Finanzierungsverträgen regelmäßig als Financial Covenant vereinbarte Loan to Value-Ratio durch die Pandemie gegenwärtig betroffen sein könnte, scheint gegenwärtig eher fern zu liegen. Bei einer Immobilie, die noch keinen Cash Flow generiert, beruht die Beurteilung des Kreditrisikos zuvorderst auf der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Kreditnehmers und natürlich dem Umfang seines Eigenkapitaleinsatzes, meist verstärkt durch Zinsdienstleistungsgarantien eines Sponsors, das heißt einer unmittelbar oder mittelbar an der Objektgesellschaft beteiligten herrschenden Gesellschaft.
Nicht selten finden sich auch Verbindungen einer Akquisitionsfinanzierung unbebauter Immobilien mit Investitionsverpflichtungen des Kreditnehmers. In solchen Fällen verpflichtet sich der Darlehensnehmer binnen eines bestimmten Zeitrahmens, eine Projektentwicklung, die sich im Kreditvertrag schon in Umrissen beschrieben findet, vorzubereiten, etwa ein Projektbudget aufzustellen, schon Bauanträge zu stellen und derartige Unterlagen dem Kreditinstitut bereits während der Laufzeit der Akquisitionsfinanzierung vorzulegen. Die Corona-Krise gibt einem Investor möglicherweise Anlass, eine Projektentwicklung zu überdenken, und sei es im Hinblick auf den Realisierungsbeginn. Ob darin schon ein Anwendungsfall einer MAC-Klausel oder eine Verzugsproblematik liegt, hängt von der – im Einzelfall durchaus unterschiedlich formulierten MAC-Klausel – und auch davon ab, ob ein für einen Verzug erforderliches Verschulden auf Seiten des Kreditnehmers angenommen werden kann. Schwieriger kann es für einen Kreditnehmer werden, wenn – wie üblich – die Investitionsverpflichtung die Rechtsqualität eines Financial Covenant hat und ausdrücklich als selbständiges Garantieversprechen bezeichnet ist.
Vielfältige weitere und teilweise darüber hinausgehende Fragestellungen kann die Corona-Krise bei Development-Finanzierungen aufwerfen. In erster Linie kann die Krise Bauzeitenpläne erschüttern und damit bewirken, dass die „Milestones“, die bei solchen Finanzierungen vereinbart werden, nicht erreicht werden. In den Verantwortungsbereich des Kreditinstituts fällt ein solcher Umstand sicher nicht, ein Verschulden des Darlehensnehmers dürfte auch nicht vorliegen. Werden damit auch Fertigstellungszeitpunkte, die Inhalt des Kreditvertrages sind, verpasst, bleibt das nicht ohne Konsequenzen auf eine etwa für diesen Zeitraum vereinbarte Cashflow Cover- oder Interest Cover-Ratio. Ob ein Kreditinstitut in einem solchen Fall von dem ihr in diesem Kontext regelmäßig vertraglich eingeräumten Kündigungsrecht Gebrauch macht, ist sicher eine Frage des Einzelfalles, tendenziell aber eher im Sinne einer Ultima Ratio zurückhaltend zu sehen. Naheliegender erscheint, dass ein Kreditinstitut eine Margenanpassung verlangt, wenn ein solches Recht im Kreditvertrag vorgesehen ist („Margin Ratchet“) oder von der Bank zur Abwendung von dem Kreditnehmer ansonsten drohender finaler Konsequenzen durchgesetzt werden kann oder vom Kreditnehmer – in Kenntnis solcher Folgen – aus eigenen Stücken angeboten wird.
Bei Investment-Finanzierungen gewerblich genutzter Immobilien kommt es regelmäßig maßgeblich auf die Debt Service bzw. Interest Cover Ratio oder die Interest Cover Ratio an. Es liegt nahe, dass diese Financial Covenants insbesondere durch verspätete Fertigstellung und Mietausfälle gehörig und gegebenenfalls auch anhaltend durcheinandergeraten können. Ob ein Kreditinstitut in einer solchen Situation von seinem Kündigungsrecht Gebrauch machen würde, hängt von zahlreichen für die Beurteilung der Kreditwürdigkeit maßgeblichen Umständen ab. Ein Allheilmittel ist eine Kreditkündigung für die Bank sicher nicht, denn auch ein Dritter dürfte in der Krise denselben Schwierigkeiten ausgesetzt sein. Eher stellen sich Themen wie teilweise Rückführung des Kredits, Verstärkung der Eigenmittel, temporäre Zinszahlungsaussetzung oder – wenn für den Kreditnehmer unter den gegebenen Umständen darstellbar – die bereits erwähnte - Margin Ratchet.
Das Spektrum ist also breit. Eine für alle Fälle passende Lösung steht nicht zu Gebote. Ein Kreditnehmer, den die Corona-Krise selbst wirtschaftlich in eine Krise stürzt, ist aber gut beraten, bei Warnsignalen frühzeitig auf seine Bank zuzugehen. Die in den Kreditverträgen vereinbarten Reportingpflichten lassen ihm ohnehin keine andere Wahl.
Im Falle eines Beratungsbedarfs steht Ihnen unsere Sozietät SammlerUsinger gern zur Verfügung.
Ansprechpartner ist hier Herr Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Sammler.