Ukraine-Krieg: Überblick über Sonderregelungen des Bundes und Vergabeerleichterungen der Bundesländer
Die nachfolgende Übersicht (Stand: 02.05.2022) soll einen Überblick über die Maßnahmen aufgrund des Ukraine-Krieg geben, ohne dabei einen Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben.
Europäischer Rat
- Verordnung (EU) 2022/576 des Rates vom 8. April 2022 restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren
- Im Hinblick auf noch nicht abgeschlossene Vergabeverfahren gilt nach Art. 5k der Verordnung (EU) 2022/576 für Personen oder Unternehmen, die nach der Vorschrift Russland zuzuordnen sind, die unmittelbar als Bieter, Unterauftragnehmer, Lieferant an einem in Rede stehenden Auftrag beteiligt sind (soweit mehr als 10% des Auftragswertes auf betroffene Unternehmen entfallen):
- ein seit 09.04.2022 geltendes umfassenden Zuschlagsverbot für noch nicht abgeschlossene Vergabeverfahren und
- das Verbot, bereits vergebene Aufträge ab dem 10.04.weiter zu erfüllen (Vertragserfüllungsverbot)
- Für die Ausführung bereits zugeschlagener Aufträge und Konzessionen besteht eine sechsmonatige Übergangsfrist bis zum 10. Oktober 2022
- Im Hinblick auf noch nicht abgeschlossene Vergabeverfahren gilt nach Art. 5k der Verordnung (EU) 2022/576 für Personen oder Unternehmen, die nach der Vorschrift Russland zuzuordnen sind, die unmittelbar als Bieter, Unterauftragnehmer, Lieferant an einem in Rede stehenden Auftrag beteiligt sind (soweit mehr als 10% des Auftragswertes auf betroffene Unternehmen entfallen):
Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB)
- Lieferengpässe und Preissteigerungen wichtiger Baumaterialien als Folge des Ukraine-Kriegs, Erlass vom 25.03.2022 (gültig seit 25.03.2022 bis 30.06.2022)
- Bauverträge zu Bundes-Bauvorhaben sollen künftig Preisgleitklauseln beinhalten, soweit diese Bauverträge von dem Erlass der erfassten Produktgruppen betreffen
- Anpassung bereits geschlossener Bauverträge
- nachträgliche Vereinbarung von Stoffpreisgleitklauseln
Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV)
- Lieferengpässe und Preissteigerungen wichtiger Baumaterialien als Folge des Ukraine-Kriegs, Erlass vom 25.03.2022 (gültig seit 25.03.2022 bis 30.06.2022)
- Regelungen gleichlautend wie im Erlass des BMWSB
Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK)
- Rundschreiben zu Dringlichkeitsvergaben im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine vom 13.04.2022 (gültig seit 13.04.2022)
- Liefer-, Dienst- oder Bauleistungen, die im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine stehen, dürfe im Wege eines Verhandlungsverfahrens ohne Teilnahmewettbewerb gemäß § 14 Abs. 4 Nr. 3 VgV beschafft werden
- Erleichterungen gelten zudem für Aufträge unterhalb der EU-Schwellenwerte
- Anhebung der Wertgrenzen für Direktaufträge bei Beschaffungen der Vergabestellen des Bundes im Zusammenhang mit dem Krieg vorübergehend bis zum 31.12.2023
- Aufträge der Bundesverwaltung mit einem geschätzten Wert von bis zu 8.000 EUR (Bauvergaben) oder bis zu 5.000 EUR (sonstige Vergaben) dürfen direkt vergeben werden
- Erleichterungen betreffen neben künftigen Ausschreibungen auch bestehende Verträge; öffentliche Auftraggeber dürfen bestehende Verträge nach Maßgabe des § 132 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 GWB und § 47 Abs. 1 UVgO unter bestimmten Voraussetzungen verlängern oder wertmäßig erweitern
- Rundschreiben vom 14.04.2022 Erste Informationen zur Anwendung der Russland-Sanktionen im Bereich der Vergabe öffentlicher Aufträge und Konzessionen vom 08.04.2022; ergänzend dazu: Übersicht über die Ausnahmetatbestände von den Vergaberichtlinien sowie Muster einer Eigenerklärung zur Vorlage im Vergabeverfahren
Bayern
- Beschaffung von Leistungen zur Aufnahme, Unterbringung und Versorgung von Geflüchteten aus der Ukraine – Rundschreiben des Bayrischen Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration vom 18.03.2022
- für Beschaffungen unter- wie oberhalb der Schwellenwerte, die erforderlich sind, um die in Bayern ankommenden Geflüchteten schnellstmöglich aufzunehmen, angemessen unterzubringen und mit dem Notwendigen zu versorgen, liegen äußerst dringliche, zwingende Gründe vor, die die rechtlichen Voraussetzungen für ein Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb erfüllen
- Beschaffung von Leistungen zur Aufnahme, Unterbringung, Versorgung und Bildung von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine – Rundschreiben des Bayrischen Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration vom 29.03.2022 (gültig seit 01.04.2022)
- Übersicht über die Wertgrenzen nach der Bekanntmachung über die Vergabe von Aufträgen im kommunalen Bereich, Stand 01.04.2022
Hamburg
- Schreiben der Finanzbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg vom 04.03.2022
- Unterschwellenbereich: Bei Liefer- und Dienstleistungen, die für die Aufnahme, Unterkunft, Versorgung oder Betreuung Schutzsuchender beschafft werden, ist eine Verhandlungsvergabe ohne Teilnahmewettbewerb bis zum Erreichen der Oberschwellenwerte möglich. Dies gilt gem. § 2a Abs. 3 S.1 bis auf Widerruf.
- Oberschwellenbereich: Es wird davon ausgegangen, dass die Ausführungen aus dem Rundschreiben des Bundes vom 19.03.2020 hinsichtlich § 14 Abs. 4 Nr. 3 VgV und § 132 GWB berücksichtigt werden können.
Hessen
- Rundschreiben vom 23.03.2022: Hinweise zu äußerst dringlichen Beschaffungen im Zusammenhang mit der Ukraine-Krise (gültig bis 30.09.2022)
Niedersachsen
- Ausführungsbestimmung über die Vergabe von Liefer- und Dienstleistungsaufträgen im Wege der Verhandlungsvergabe mit oder ohne Teilnahmewettbewerb nach der Unterschwellenvergabeverordnung vom 17.03.2022
Aufträge über Liefer- und Dienstleistungen, die
- der Aufnahme, Unterbringung, Gewährleistung der Sicherheit, Beratung, Versorgung und Betreuung von Schutzsuchenden,
- dem Katastrophenschutz, dem Zivilschutz oder der Gefahrenabwehr,
- der Verbesserung der IT- und Cyber-Sicherheit und/oder
- der Ausübung einer Sektorentätigkeit
dienen und deren Vergabeverfahren vor dem 1. August 2022 beginnen, dürfen unterhalb der sog. EU-Schwellenwerte (215.000 EUR bei Liefer- und Dienstleistungen bzw. 431.000 EUR im Sektorenbereich) im vereinfachten Vergabeverfahren der „Verhandlungsvergabe mit oder ohne Teilnahmewettbewerb“ vergeben werden.
- Begründung zur Ausführungsbestimmung des MF und MW auf Grundlage von § 8 Abs. 4 Nr. 17 Unterschwellenvergabeordnung und Verhandlungsvergabe mit oder ohne Teilnahmewettbewerb vom 17.03.2022
Sachsen-Anhalt
- Verlängerung der Auftragswerteverordnung vom 15.12.2021 (gültig seit 01.01.2022 bis 01.01.2023)
- Erhöhung der Wertgrenzen für vereinfachte Vergabeverfahren (beschränkte Ausschreibung und freihändige Vergabe)
- Erhöhung der Wertgrenzen für Direktvergaben für Liefer- und Dienstleistungen auf 5.000 EUR und für Bauleistungen auf 10.000 EUR
Schleswig-Holstein
- Landesverordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge zu Gunsten Schutzsuchender (Schutzsuchenden-Vergabeverordnung) vom 23.03.2022 (gültig seit 01.04.2022 bis 30.06.2023)
- beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb für Liefer- und Dienstleistungen sowie Verhandlungsvergabe bis zu einem Gesamtauftragswert von 150.000 EUR (statt bisher 100.000 EUR)
- Erhöhung der Wertgrenzen für Direktaufträge auf 5.000 EUR für Liefer- und Dienstleistungen (statt bisher 1.000 EUR)
- Erhöhung der Wertgrenzen für Direktaufträge auf 10.000 EUR (statt bisher 3.000 EUR)
- Vereinfachung bei Vergaben über Bauleistungen zu Wohnzwecken
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